Udo van Kampen mit Ehrenmedaille ausgezeichnet
Die vierte industrielle Revolution stand im Mittelpunkt des Wirtschaftstages
Zum 30. Wirtschaftstag der Volks- und Raiffeisenbanken begrüßte der Vorsitzende des Vorstandes des Genossenschaftsverbands, Verband der Regionen, Ralf W. Barkey, über 2500 Teilnehmer, darunter 50 Teilnehmer der Volksbank Lauterbach-Schlitz in der Jahrhunderthalle. Die Besucher erwartete ein interessantes Programm namhafter Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. Die angekündigte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer war allerdings ebenso wenig erschienen, wie Wirtschaftsminister Peter Altmeier, der aber später per Video-Chat zugeschaltet wurde. Udo van Kampen und Sandra Maischberger moderierten die Veranstaltung souverän und sachverständig. Die Digitalisierung war das beherrschende Thema des Tages. Barkey stellte fest, dass sich die Welt im ständigen Wandel befinde. In Deutschland würden jedoch viele Regionen sich selbst überlassen. Die Menschen müssten vor Ort Veränderungen gestalten. Ein Instrument seien die Genossenschaften gemäß des Leitspruchs von Raiffeisen: "Was einer alleine nicht vermag, das vermögen viele". Und nach diesem Leitspruch "agieren unsere Banken seit mehr als 160 Jahren", stellte Barkey fest. Für die schnelllebige Welt brauche man eine offensive Herangehensweise, die mutig den Realitäten der digitalen Zukunft entspreche. "Die vierte, digitale industrielle Revolution bedeutet für Mensch und Markt eine neue Zeit", so Barkey.
"Ich liebe Deutschland wegen seiner Kultur und Sprache. Vertrauen und Stabilität prägen unser Europa", versicherte der in Straßburg geborene und im Saarland aufgewachsene François Villeroy de Galhau, Gouverneur der Banque de France. Und mit dem Euro habe man "die weltbeste Währung", betonte er.
Fünf Start-Up-Unternehmer hatten im Anschluss die Gelegenheit, sich und ihr Unternehmen vorzustellen. Dazu hatte jeder allerdings nur 90 Sekunden Zeit. Die sich anschließende Diskussion zog sich zwar lange hin, brachte aber dennoch viele Erkenntnisse.
Mit der Bundestagsabgeordneten Linda Teutenberg, der Generalsekretärin der FDP, trat eine junge Frau mit erfrischenden Ideen auf die Bühne. Dabei ging es um Fragen der Koalition und eine mögliche Regierungsbeteiligung. Ihr Credo: "Wir wollen gut regieren nach dem Motto: Neues Spiel und neues Glück". Es sei richtig gewesen, nicht in die Koalition einzutreten. Die Grundrente sei doppelt ungerecht und der Solidaritätszuschuss müsse für alle entfallen, unabhängig von ihrem Einkommen. Die FDP trete für bessere Abschreibungsregeln ein und kritisiere teure Wahlversprechen. Auch das Migrationsproblem haben die Koalition noch nicht gelöst.
Der Vorsitzende des Vorstandes der Schaeffler AG, Klaus Rosenfeld, stellte den Besuchern den von seinem Unternehmen mit entwickelten Rennwagen "Formula E" vor. Der Wagen, mit E-Antrieb und "einer Technologie vom Feinsten" ausgestattet, der seit 2014 im Einsatz ist, ist 250 Stundenkilometer schnell und kann 359 PS aufbieten. Er untermauerte seine Aussagen mit entsprechenden Zahlen und zeigte sich überzeugt davon, dass auch Autos mit Verbrennungsmotor künftig weiterhin auf den Straßen fahren werden. Die Elektro-Mobilität bringe große Veränderungen mit sich, und Deutschland sei weltweit die größte Autonation. "In diesen Unternehmen sind 830 000 Menschen in über 3000 Betrieben beschäftigt. Ein Vorbild in Sachen Automobilität könne aber durchaus China sein." Sein Unternehmen beschäftigt 80 000 Mitarbeiter - "Spezialisten für die Herstellung von Lagern in allen Größen, dank exzellenter deutscher Ingenieurkunst". Rosenfeld stellte dann den von seinem Unternehmen entwickelten "Schäffler Mover" vor, der keine Lenksäule mehr, aber E.-Motoren an allen vier Rädern und eine Straßenzulassung habe. Positiv sieht Rosenfeld den Bau eines Tesla-Werks bei Berlin.
Botschafter Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchener Sicherheitskonferenz, die er seit Jahren leitet, gab zu weltpolitischen Fragen interessante Auskünfte. So rechne er nicht mit einem Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump, trotz zunehmender Polarisierung in den USA und stellte fest, dass die Republikaner noch immer fest hinter ihrem Präsidenten stünden. Allerdings könne Trump die Wiederwahl durchaus verlieren. Ein möglicher Nachfolger von Trump müsse eine Persönlichkeit sei, die das Land wieder eine. Die Aussage des französischen Präsidenten, vom "Hirntod der Nato", macht er sich nicht zu eigen. Er kritisierte, dass sich Deutschland im über achtjährigen Syrienkonflikt nicht eingemischt habe. Es müsse überdies in der EU-Außenpolitik zu Mehrheitsentscheidungen kommen können, ohne dass jedes Mitgliedsland sein Veto einlegen kann. Der Brexit sei eine "große Tragödie" und hier hätten sich die Europäer einmischen müssen. Er hoffe, dass Boris Johnson abgewählt werde. Für die Sicherheitskonferenz im Februar 2020 hofft Ischinger, dass der US-Präsident der Einladung Folge leiste und dass die deutsche Präsidentin der EU ihre Themen dort vorstellen werde. Auch Fragen zu China und der Ukraine müssten dabei besprochen werden. Die EU solle eine Führungsrolle übernehmen, wobei Deutschland und Frankreich eng zusammenarbeiten sollten.
Ralf W. Barkey zog am Ende eine positive Bilanz des Wirtschaftstages 2019. Er dankte allen Referenten für ihr Beiträge und dem Moderatoren-Duo van Kampen und Sandra Maischberger für ihre exzellente Begleitung. Udo von Kampen erhielt dabei für seinen letzten Auftritt die Ehrenmedaille des Verbandes und Sandra Maischberger wurde mit einem großen Blumengebinde bedacht.